Einiges wird anders sein, wenn der Franzose Clement Turpin am Samstag (20.45 Uhr, ZDF) den Auftakt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in die Nations League anpfeift. Kein Toni Kroos mehr. Kein Manuel Neuer. Kein Ilkay Gündogan. Kein Thomas Müller. Das 1018. Länderspiel der DFB-Historie gegen die Ungarn in Düsseldorf markiert eine Zäsur.
Neue DFB-Rolle für BVB-Neuzugang Groß
Neue Männer braucht das Land, zwei in der Startelf dürften vom letztjährigen Tabellenfünften der Bundesliga aus Dortmund kommen. Pascal Groß ist erst im Sommer von Brighton & Hove Albion zum BVB gewechselt, dort aber gleich wohltuend als Führungsspieler in Erscheinung getreten. Groß hat die große Bühne beim DFB erst spät betreten nach sieben konstant starken Jahren in England, die er kurioserweise in Deutschland unter dem Radar verbrachte.
Bei der EM stand der mit 33 Jahren sehr erfahrene defensive Mittelfeldspieler noch im Schatten von Toni Kroos. Er habe jeden Tag im deutschen Camp und bei den Spielen von Kroos lernen dürfen, meinte Groß am Freitag in Düsseldorf in seiner gewohnt unaufgeregten und bescheidenen Art.
Nach Kroos‘ Rücktritt aber wird nun seine Stunde schlagen. „Pascal wird spielen“, verriet Bundestrainer Julian Nagelsmann und versprach auch: „Pascal darf Pascal sein.“ Was heißen soll: Der auserwählte Kroos-Nachfolger soll nicht als Kopie des besten deutschen Spielers der vergangenen 20 Jahre daherkommen, sondern seine Art des Fußballs und seine Stärken einbringen. Und in Abwesenheit von Antonio Rüdiger dürfte in Nico Schlotterbeck ein zweiter BVB-Spieler in der deutschen Startelf stehen. Der sprang in letzter Sekunde auf den EM-Zug auf, damals der Lohn für eine konstant starke Rückrunde fast ohne individuelle Aussetzer. Mit seinen 24 Jahren gehört ihm die Zukunft.
Auch wenn alles ein wenig kleiner sein wird als bei der Heim-EM: Der Aufbruch der Nationalmannschaft zur Titelreife bei der WM 2026 soll nach dem Rücktritt mehrerer DFB-Legenden mit einem großen Danke-Spiel für die Fans stimmungsvoll starten. 64 Tage nach dem Tränen-Aus gegen den späteren Europameister Spanien soll zum Start der Nations League beim schnellen Wiedersehen mit EM-Gruppengegner Ungarn wieder ziemlich losgelöst gejubelt und nach 90 Minuten bei der Stadionrunde der Spieler gemeinsam gefeiert werden.
Nagelsmann hat das Motto benannt. „Wir wollen die EM nochmal rund machen!“ 20 EM-Spieler sind beim Neuanfang dabei. Und die bisweilen belächelte Nationenliga wird bei der vierten Auflage auch vom DFB-Team erstmals mit vollem Fokus angegangen. Das Ziel heißt Final Four und Titelgewinn 2025. Ein gewisses Sommergefühl soll in der Düsseldorfer Turnier-Arena wieder zu spüren sein. „Wir werden nicht die Energie erzeugen können wie bei der Heim-EM“, sagt Torjäger Niclas Füllkrug. Public Viewing und über 20 Millionen TV-Zuschauer – das ist vorerst vorbei. „Aber die Leute sollen sich weiter mit uns identifizieren, gerne im positiven Sinne über uns sprechen, weil wir damit schon wieder einiges für die WM 2026 vorbereiten können.“
Spiele gewinnen. Und das am Stück. Darum geht es. Das ist das Nahziel in den sechs Partien bis zum Jahresende gegen Ungarn, die Niederlande und Bosnien-Herzegowina. Der Erste und Zweite der Gruppe ziehen ins Viertelfinale im kommenden März ein. „Wenn wir die Spanier fragen, wie sie die Nations League finden, die sie gewonnen haben“, sagte der neue Kapitän Joshua Kimmich, dann ist die Antwort für den ehrgeizigen Bayern-Profi leicht: „Die fanden die ganz cool.“
Mit dpa-Material